In diesem Jahr feiert der Göttinger Pfadfinderstamm sein 90. Jubiläum. Ein überaus seltenes Ereignis für einen Jugendverband, aber ganz sicher auch ein Indiz für die ungebrochene Aktualität dieser Form katholischer Jugendarbeit.
Einige Meilensteine aus der Stammesgeschichte sollen kurz umrissen werden:
Anfang 1931 gründete Kaplan Bertram, Pastor an St. Michael, mit einigen Jugendlichen die DPSG Stamm Göttingen. Die Mitgliederzahlen wuchsen rasch an und ermöglichten die Arbeit in verschiedenen Altersstufen. Der Stamm Göttingen war der erste innerhalb des Bistums Hildesheim und weitere wichtige Impulse gingen von ihm aus. So konnten kurz darauf weitere Stämme, wie z. B. in Duderstadt, bei der Neugründung unterstützt werden.
Viel zu schnell wurde jedoch die aufstrebende Pfadfinderschaft in Göttingen durch einschneidende Verbote des NS-Regimes behindert und schließlich gänzlich verboten.
Mehrfach wurden die Gruppenleiter und Kuraten durch die Gestapo bei Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen und Verhören bei ihren Tätigkeiten schikaniert und behindert.
Trotz alledem konnte der Pfadfindergedanke in St. Michael, wenn auch größtenteils im Verborgenen, innerhalb der tolerierten katholischen Jugendarbeit weiterleben.
Dieses Gedankengut existierte noch immer bei einigen ehemaligen Göttinger Pfadfindern. Nur dadurch war es möglich, dass nach Ende des II. Weltkrieges bereits Mitte des Jahres 1945 mit dem Wiederbeginn in Göttingen, unter der damaligen Bezeichnung „Gemeinschaft St. Georg“, begonnen werden konnte. Erneut waren sehr schnell erstaunlich viele Jungen an der Arbeit in der neu gewonnen Freiheit interessiert.
Der Wiederbeginn forderte von den jungen Gruppenleitern ein starkes Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen. So manche Widerstände, insbesondere auch durch die von den Deutschen Bischöfen geplante Neuordnung der Jugendarbeit, bei gleichzeitiger Abschaffung aller katholischen Jugendverbände, führte zu zeitweiligen Irritationen. Unterstützung erfuhren sie jedoch durch den damaligen Göttinger Dechanten Robert Marheineke, der wohlwollend bereits 1945 den Kaplan Adrian als ihren Kuraten benannte. Die im Nachkriegsdeutschland in Göttingen bestimmende englische Besatzungsmacht förderte durch ihren Jugendoffizier die Göttinger Pfadfinder in beispielhafter Art und Weise. Mit der Gründung des Bundes der deutschen Katholischen Jugend im Jahr 1947 war die schwierigste Phase endlich überwunden.
In den nun folgenden Jahren festigte der Stamm seine Position innerhalb der Göttinger Jugend. Von Anfang an ist der Stamm ununterbrochen mit Gruppen in der Gemeinde St. Michael tätig.
Das kirchliche Leben im Dekanat Göttingen hatte einen bemerkenswerten Aufschwung genommen. Drei neue Kirchen wurden allein in der Stadt errichtet: St. Godehard, St. Vinzenz und Maria Frieden.
Erstmals im Jahr 1958 gründete der Stamm außerhalb von St. Michael nun auch in St. Godehard einen Jungpfadfindertrupp. Die Dezentralisierungsaktivitäten nahmen im Jahr 1967 erneut Fahrt auf. In der Zeit von 1967 bis 1983 war der Stamm zahlreich in Heinrich und Kunigunde aktiv. Ein Jahr später folgte erneut eine Gruppe in St. Godehard sowie erstmals auch in Maria Frieden.
Im Stamm Göttingen sind die Gruppen der Wölflinge, Jungpfadfinder, Pfadfinder und Rover aus allen Göttinger Pfarreien zusammengefasst. Durch die Arbeit des Stammesvorstands und der Stammesleitung ist eine verantwortungsvolle Auswahl, Gewinnung, Förderung und Entwicklung, insbesondere des ehrenamtlichen Leiternachwuchses, gewährleistet. Weiterhin ist die Stammesgemeinschaft eine wichtige Voraussetzung, sich bei Schwierigkeiten gegenseitig zu unterstützen und viele gemeinsame Veranstaltungen für die Kinder und Jugendlichen zu planen und durchzuführen.
Dort, wo die Pfadfinder-Gruppen in den Pfarreien ihr „Zuhause“ haben, bringen sie sich entsprechend ihrer altersgerechten Möglichkeiten und Fähigkeiten aktiv im Leben der Gemeinde, dabei insbesondere bei der Jugendförderung, ein.
Diese Form der vernetzten Strukturen des Göttinger Stammes war in den vergangenen 90 Jahren ein Garant für eine dauerhafte erfolgreiche Jugendarbeit.
Dass dabei alle Leiterinnen und Leiter ehrenamtlich ihre Freizeit für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen einbringen, ist beileibe nicht selbstverständlich! Vielfältige Unterstützung erfuhren sie hierbei in all den Jahren durch aktive und engagierte Kuraten.
Etliche zusätzliche Aufgabenbereiche eines so mitgliederstarken großen Jugendverbandes, wie sich der Stamm in Göttingen in erfreulicher Weise darstellt, werden seit Jahren von ehemaligen Pfadfindern gerne übernommen.
Manfred Reddig
Wer mehr über die Geschichte des Göttinger Stammes erfahren möchte, dem empfehlen wir unsere Chronik unter: www.dpsg-archiv-goettingen.info.
Bei Fragen zu unserer Arbeit und zur Mitgliedschaft können Sie sich auch direkt an den Stammesvorstand wenden: